Kinder

Sprachstörungen

Sprachstörungen bei Kindern basieren auf Störungen des Spracherwerbsprozesses. Sie können alle Bereiche des Sprachsystems betreffen: Lautsystem/Aussprache (Phonetik, Phonologie), Wortschatz (Semantik, Lexikon), Grammatik/Satzbau (Morphologie/Syntax) und allgemein die Kommunikationsfähigkeit (Pragmatik). Störungen zeigen sich sowohl beim Verstehen und Sprechen, als auch in kommunikativen Situationen und/oder der Entwicklung von schriftsprachlichen Fertigkeiten, d.h. in allen expressiven und rezeptiven Modalitäten.

Ein Großteil kindlicher Sprachstörung sind unklarer Genese, d.h. es liegt kein organischer Befund vor. Zu den bekannten Risikofaktoren zählen:

  • Allgemeine Entwicklungsstörungen/ -verzögerungen
  • Geistige, körperliche Behinderungen, Mehrfachbehinderungen
  • Familiäre Sprachschwäche mit Krankheitswert
  • Hörstörungen
  • Hirnreifestörungen
  • Genetisch bedingte Krankheiten/-Syndrome (z.B. Down-Syndrom)
  • Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten
  • Schädel-Hirn-Traumata, entzündliche Hirnprozesse
  • Hirntumore
  • Hirnoperationen

Mögliche Erscheinungsformen sind Störung des Lautsystems (Phonologie, d.h. Probleme beim Erwerb des Lautinventars, fehlerhaft oder unvollständig wodurch Wörter fehlerhaft ausgesprochen werden), Wortschatzdefizit (Lexikon/Semantik, d.h. quantitative und/oder qualitative Probleme beim Erwerb des Wortschatzes, wodurch das Sprachverständnis für die Wortbedeutung eingeschränkt ist) und Dysgrammatismus (Morphologie/Syntax, d.h. ein  gestörtes grammatisches Regelsystem mit Problemen bei der Deklination, Konjugation oder Satzbau), pragmatische Störungen (Blickkontakt, Gesprächsverhalten, Beherrschung von Redekategorien z.B. Frage-Antwort) und Entwicklungsdyslexie/-dysgraphie (Störung im Erwerb des Lesens und Schreibens).

Sprechstörungen

Im Rahmen von Entwicklungsverzögerungen, -störungen oder -behinderung treten häufig Sprechstörungen bei Kindern auf.

Es handelt sich um zentrale oder peripher bedingte motorische Störungen der ausführenden Sprechorganen. Die Aussprache des Kindes ist gekennzeichnet durch falsch gebildete Laute und Lautersetzungen und/oder mangelnde Artikulationsgenauigkeit und -geschwindigkeit und/oder durch Störungen im Sprechablauf (Stottern, Poltern)

Mögliche Ursachen sind:

  • allgemeine Entwicklungsstörungen/ -verzögerungen/ -behinderungen
  • familiäre Sprachschwäche mit Krankheitswert
  • Hörstörungen
  • Hirnreifestörungen
  • genetisch bedingte Krankheiten/-Syndrome (z.B. Down-Syndrom
  • Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten)
  • Schädel-Hirn-Traumata
  • Hirntumore
  • Störungen der Mundmotorik

Mögliche Erscheinungsformen sind Artikulationsstörungen (Lauterwerb, -gebrauch, z.B. Sigmatismus interdentalis „Lispeln“), Dysarthrie (Ausführung von Sprechbewegungen und/oder Koordination von Atmung, Stimme und Artikulation aufgrund angeborener oder erworbener Hirnstörungen) und verbale Entwicklungsdyspraxie (zentrale Störung der Planung der Sprechmotorik).

Auch können Störungen im Sprechablauf (Redeflussstörungen) auftreten.

Stottern:

Art und Ausmaß sind situationsabhängig und können großen Schwankungen unterworfen sein. Stotternde leiden häufig unter ausgeprägtem Störungsbewusstsein. Begleitsymptomen resultieren aus dem Versuch, die eigentliche Stottersymptome zu überwinden und sind erlernt. 5 % aller Kinder haben, bedingt durch eine Veranlagung in ihrer Entwicklung eine Phase, in der sie Stottern. Der Beginn liegt meistens zwischen  dem 2. und 6. Lebensjahr, spätestens  jedoch bis zum Alter  von 12 Jahren. Stottern ist kein normales Phänomen der Sprechentwicklung. Ungefähr 75% dieser Kinder überwinden ihr Stottern wieder. Eine logopädische Diagnostik mit Beratung und ggf. Therapie ist nötig, wenn das Kind unter

seinem veränderten Sprechen leidet, oder Zeichen von Anstrengung oder Vermeidung beim Sprechen sichtbar werden, oder wenn die Eltern verunsichert sind.

Leitsymptome bei Stottern:

Kernsymptome: unfreiwillige Wiederholungen von Teilwörtern, Silben oder Lauten, Dehnungen von Lauten und/oder Blockierungen von Wörtern.

Begleitsymptome: Sprechangst, Vermeidungsverhalten, Körpermitbewegungen, Einschieben von Füllwörtern.

Poltern:

Poltern ist im Gegensatz zum Stottern von einem überschießenden, sehr schnellen Sprechen gekennzeichnet. Die Aussprache ist aufgrund des Missverhältnisses von Sprechtempo und artikulatorischer Fähigkeit und Defiziten in der Wahrnehmung häufig sehr undeutlich und verwaschen. Ein Störungsbewusstsein oder Leidensdruck ist bei Polterern selten vorhanden.

Schluckstörungen

Schluckstörungen sind funktionell oder organisch bedingte Störungen der orofacialen Muskulatur (Mundmuskulatur) und aller am Schluckvorgang beteiligten Strukturen. Man unterscheidet die Störung der Nahrungsaufnahme (Dysphagie) von der isolierten Form der Störung der Störung der orofacialen Muskulatur (Myofunktionelle Störung), die häufig mit Zahn und Kieferfehlstellungen verbunden ist.

Mögliche Ursache sind:

  • Frühgeburt
  • angeborenes, fehlerhaftes Schluckmuster
  • unphysiologische Kopf- und Körperhaltung
  • dauerhafte Mundatmung
  • vergrößerte Mandeln
  • Daumenlutschen
  • Wahrnehmungsstörungen
  • Lippen- Kiefer- Gaumen-Segelspalten
  • angeborene und erworbene Hirnschädigung

Mögliche Erscheinungsformen sind Störungen des Schluckvorgangs in der oralen Phase (Mundraum), in der pharyngealen Phase (Rachen), Störungen des Schluckvorgangs in der ösophogealen Phase (Speiseröhre).

Auch die Konsistenz der Nahrung (fest, breiig oder flüssig) stellt unterschiedliche Anforderungen an den Schluckvorgang.

Nicht-behandelte Dysphagien können lebensbedrohliche Folgen haben wie Nahrungsverweigerung, Mangelernährung, Dehydration, Fieber, Bronchitis, Lungenentzündungen.

Bei einer myofunktionellen Störung liegt im Wesentlichen eine Fehlfunktion aller beteiligten Muskeln im Mundbereich vor (Wangen-, Lippen-, Zungenmuskulatur).

Die Folgen dieser Störung sind Zahnfehlstellung (kieferorthopädische Maßnahmen) und/oder Artikulationsstörung (Sigmatismus interdentalis) sein.